Zsoka Schwab

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»Orpheus Tränen« von Zsoka Schwab

Titel:

»Orpheus Tränen«

Autor:

Zsoka Schwab

Seitenanzahl:

212 Seiten

Erzählperspektive:

Ich-Perspektive,Vergangenheit

Stimmung im Buch:

ergreifend

Charaktere:

Nessie

Medizinstudentin

Tristan

ihr verstorbener Freund

Meine Lieblingscharaktere:

Tristan mit seinem süßen Humor, Oliver, mit seiner liebevollen Zurückhaltung und natürlich Nessie selbst, die sich ins Leben zurückkämpft.

Das hat mir besonders gefallen:

Das Geheimnisvolle, das die Story umgibt und dafür sorgt, dass sie jeder Zeit ins Fantasygenre abrutschen könnte. Im Ernst, ich dachte, Dr. Hirsch müsste ein verkappter Engel sein und es hätte mich auch nicht gewundert, wenn es Tristan zurück ins Leben geschafft hätte.

Diese Gefühle hat das Buch in mir geweckt:

Ich war tief berührt und todtraurig über die Tragik, die der Geschichte innewohnt.

Das kann ich zum Schreibstil sagen:

sehr gut geschrieben

Meine Bewertung:

Ach hätte ich doch nur ...

Zwei Jahre ist ihr Freund schon tot und sie kommt immer noch nicht über ihn hinweg. Er war gestorben, bevor sie den Mut aufgebracht hatte, ihm zu sagen, dass sie so viel mehr für ihn empfand, als Freundschaft. Ist es da ein Wunder, dass sie nach der mehr als fragwürdigen Möglichkeit greift, ihn wenigstens in einer Halluzination zu sehen und mit ihm auszusöhnen? Doch Trugbild-Tristan hat seine eigenen Pläne und fordert sie heraus.

Zitat aus dem Buch:

»Sie sollten sich jetzt verabschieden. Es wird Zeit.«
Er tippte auf seine Armbanduhr. Ach so. Offenbar war er der Friedhofswärter – oder einer von mehreren. Ich war erleichtert. Und erstaunt. Seine Stimme war so weich. Berühmte Synchronsprecher klangen so. Engel klangen so. Keine rundbauchigen Männer mit Glupschaugen. Als würde er alles verstehen und nichts verurteilen, was immer man ihm anvertraute.
»Tut mir leid«, murmelte ich und erhob mich beschämt. »Ich habe die Zeit vergessen.«
»Das kann einem hier schon mal passieren.« Er lächelte freundlich, und die seltsamen Augen lächelten mit. Vielleicht hatte er Schilddrüsenprobleme, der arme Mann.
»Ich …«, setzte er an. »Verzeihen Sie, aber ich beobachte Sie schon eine Weile. Wenn ich mir die Frage erlauben darf, wer war das für Sie?«
Mein Blick schweifte zu dem halbrunden Grabstein und der glänzend polierten Marmorplatte davor. Jemand hatte einen Vergissmeinnichtstrauß daraufgelegt, wahrscheinlich schon gestern. Die winzigen blauen Blütenköpfe waren beinahe vertrocknet.
»Ein Freund«, antwortete ich. »Ein alter Freund. Für mich.«
»Tristan Witt, geboren 12.09.1992, gestorben 24.10.2015«, las der Mann die Inschrift vor – mit dieser honigwarmen Stimme, die jedes Wort zu wiegen und zu streicheln schien. »Vor zweieinhalb Jahren also.«
»Fühlt sich länger an. Und kürzer.«
»Sie vermissen ihn wohl sehr?«
Nein, dachte ich frustriert, ich komme nur her, um zu schauen, ob er immer noch tot ist.
»Ach, es ist einfach … Irgendwie schaffe ich es nicht, den Mistkerl ziehen zu lassen.«
»Sie hätten ihm wohl noch etwas zu sagen gehabt?«
»Oh ja!«, entfuhr es mir in einem Anfall von Offenheit. »Dem könnte ich viel erzählen. Leider hat er keine Ohren mehr, um es zu hören.«
Die waren sicher als Erstes weggefault. Uah! Ich kniff die Augen zusammen und schüttelte mich. Meine Lider brannten, doch wie immer blieben sie trocken. Vielleicht wäre dieser ganze Unsinn schon lange vorbei gewesen, wenn ich nur einmal einen ordentlichen Heulanfall hingebracht hätte.
»Sie waren noch nicht fertig miteinander«, fasste der Mann zusammen, während seine Hand langsam und sanft über die Kante des Grabsteins strich. Mir fiel auf, dass er viel gefasster wirkte als vorhin.
»Nein, das waren wir nicht«, bestätigte ich. »Aber wann ist das schon der Fall? Gerade bei jungen Menschen rechnet man doch nicht damit, dass sie so plötzlich … Und dann, ehe man sich versieht, ist es zu spät.«
»Ja, das ist ein großes Problem. Sie haben keine Ahnung, wie oft ich das schon von Trauernden gehört habe – ›Wenn ich doch nur die Chance hätte, noch einmal mit ihr zu reden …‹, ›Wenn ich ihn nur noch ein letztes Mal umarmen könnte … Ihn wissen lassen, was er mir bedeutet …‹«
»Naheliegende Gedanken«, erwiderte ich. »Aber völlig sinnlos. Man kann die Zeit nicht umkehren. Was vorbei ist, ist vorbei, und man ist selbst schuld, wenn man seine Chance verpasst hat … Jetzt habe ich Sie aber lange genug aufgehalten. Vielen Dank für Ihr Verständnis und einen schönen Abend noch.«
Ich nickte knapp und trat an dem Mann vorbei, auf die Hauptstraße des Friedhofs zu. So freundlich er auch war, irgendwie hatte unser Gespräch eine Richtung genommen, die mir nicht behagte. Auch der Umstand, bei Dämmerung mit einem Fremden hier allein zu sein, kam mir beklemmend vor – zumal ich immer mehr den Eindruck hatte, dass irgendetwas mit dem Kerl nicht stimmte.

Das Buch bei Amazon:

Hier findet ihr die Autorin im Netz.

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