»Wer ist das?«
Ich zucke zusammen, als der Blick des Krals auf mich fällt.
»Das ist Darina, meine jüngere Tochter. Bitte entschuldigt ihren unangebrachten Aufzug, mein Kral. Sie ist ein kleiner Wildfang, aber wir werden sie schon noch zu einer perfekten Dame machen, wie ihre Schwester.«
Der Kriegsherr mustert mich, doch ich kann keine Missbilligung in seinem Blick sehen. Es sind nicht die Flecken auf meinem Kleid, die er anstarrt. Auch nicht mein zerzaustes Haar. Vielmehr betrachtet er mein Gesicht und meine Figur. Sein Blick bleibt an meinen Brüsten hängen, an den sanften Rundungen meiner Hüften, die sich unter dem zerknitterten Rock abzeichnen. Er scheint mich mit seinen Augen zu durchdringen. Als ob er in mich hineinsehen könnte. Ein heißer Schauer jagt durch meinen Körper. Ich zucke zusammen, als er seine Hand nach mir ausstreckt. Seine großen, groben Finger streichen erst über meine Wange, dann über mein langes, lockiges Haar.
»Wie fließendes Gold«, höre ich ihn murmeln, während er eine honigblonde Haarsträhne zwirbelt.
Ich bin wie erstarrt. Wage es nicht, einen Mucks von mir zu geben. Nicht einmal das Atmen gestehe ich mir in dem Moment zu. Ich fühle, dass alle Augen auf uns gerichtet sind. Die der anderen Krieger, die meiner Familie. Die von Ella.
Plötzlich reißt der Kral seinen Blick von mir los.
»Ich will dieses Mädchen haben. Darina.«
Er deutet auf mich, während ihn Vater mit offenem Mund anstarrt.
»Herr, Ihr wisst nicht was…«
»Willst du mir sagen, dass du die Wahl deines Krals in Frage stellst?«
»Natürlich nicht, mein Herr. Nur Darina… ich kann doch nicht meine jüngere Tochter zuerst…«
Wieder fährt ihm der Kral über den Mund.
»Du gibst mir, was du mir versprochen hast. Ansonsten sehe ich unsere Vereinbarung als gebrochen an. Weißt du, was ich mit Leuten mache, die sich nicht an Vereinbarungen halten?«
Mein Vater sieht betreten zu Boden.
»Geh ins Haus Darina«, weist mich meine Mutter an. »Hol deine Sachen.«
Was? Das kann sie doch unmöglich ernst meinen! Es passiert alles so schnell, dass ich einen Moment lang brauche, um zu begreifen. Ella funkelt mich wütend an. Die Entscheidung des Krals ist gefallen: Er will mich an ihrer Stelle. Er wird mich mitnehmen und zu einer Kralica machen. Und das nicht irgendwann, sondern jetzt sofort. Noch bevor ich widersprechen kann, schiebt mich Mutter zurück ins Haus.
»Darina, hör mir zu mein Kind.« Sie sieht mich eindringlich an. »Du musst tun, was dir der Kral sagt, hast du verstanden? Wenn du artig bist und ihm eine gute Gemahlin wirst, dann wird es dir gut gehen.«