»Prophecy«
Charlotte Richter-Peill
Zeitreisen & Dystopien
853 Seiten
Ich-Perspektive, Vergangenheit
düster, bedrohlich und voller Zwang
Fenja
eine 20-jährige Ausgemusterte
Fenja, die ihr Mitgefühl nicht verliert, obwohl es ihr mit aller Gewalt ausgetrieben werden soll.
Wie ergreifend die Geschichte ist und dass sie zum Nachdenken anregt. Plötzlich ist nicht mehr so klar, was denn eigentlich gut ist und was böse. Ist es wirklich angebracht, das Böse ausrotten zu wollen?
Das Buch hat mich von Anfang an in seinen Bann gezogen. Es malt mit finsteren Farben und stellt Überzeugungen in Frage. Öfter musste ich eine Pause einlegen und nachdenken.
Vom Schreibstil her ist das Buch eher einfach gehalten, die Autorin versteht es, mit wenigen Worten anzurühren.
Wer träumt nicht von einer Gesellschaft, in der es keine Kriminalität mehr gibt? In Fenjas Heimat leben keine Verbrecher, weil das sogenannte Orakel alle potentiellen Gewalttäter oder psychisch Kranken herausfiltert und ins Elysium, eine Erziehungsanstalt schickt. Bei guter Führung dürfen sie später in die Gesellschaft zurückkehren, ansonsten werden sie ins anarchistische Nachbarland abgeschoben.
Fenja findet das so lange richtig, bis sie selbst vom Orakel ausgeschieden wird.
Ohne mich umzusehen, verließ ich den Shop. Ich kochte vor Zorn. Nein, ich hatte mich nie für einen besonders guten Menschen gehalten. Doch ich brachte es auch nicht fertig, von mir als einem besonders schlechten Menschen zu denken. Ich konnte nicht glauben, dass ich schlecht war. Vielleicht war ich manchmal schlecht gelaunt, schlecht drauf, schlecht auf jemanden zu sprechen, aber solche Phasen hatte doch jeder. Wenn ich glauben müsste, ich könnte mich in eine Mörderin, Selbstmörderin, sonst wie psychisch aus den Fugen geratene Person verwandeln, eine Frau, die von ihrer inneren Struktur her fähig wäre, einen anderen Menschen oder sich selbst …
Hör auf, Fenja!
Aber ich konnte nicht. Dachten die anderen Parkplatzbesucher dasselbe wie diese beiden Frauen? Überall bemerkte ich jetzt Blicke, die auf mich abgeschossen wurden. Kinder drehten sich um, wurden von ihren Eltern weitergezogen. Sie wussten, wer ich war, und sie wussten, wohin ich fuhr. Schnell, ohne jemanden anzusehen, eilte ich zurück zum Bus und kletterte hinein. Die, die mit mir ausgestiegen waren, saßen auch schon wieder auf ihren Plätzen, stumm, mit blassen Gesichtern.
Hier findet ihr die Autorin im Netz.
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